Kurz bevor die Stautore der Talsperre von Ribarroja sich schlossen, ging ein Wolkenbruch über das verwüstete und verlassene Städtchen nieder. Die Wasserrisse des Kastellgebirges ergossen sich tosend über die Kais, zerrten die Lastkähne aus ihren verrotteten Vertäuungen und trieben sie vor sich her. In der reißenden Strömung eines aufgepeitschten Ebro, der die Kielspuren und Ruderschläge seiner Kähne vergessen hatte, schlingerten sie über Stromschnellen und Klippen. Die ›St. Carmen‹ zerschellte auf der Insel der Dreizehn Heiligen, ihr Bug verkeilte sich zwischen den Pappeln am Ufer. Als das Hochwasser sank, erkannte niemand mehr die Überreste des Schiffes, die zornige Flut hatte die Buchstaben seines dritten Namens fortgewischt. Die alte ›Neptun‹ – unter Ansprachen, Fahren und Orchesterklängen in den glanzvollen Tagen de ›Eden‹ am Witwenkai vom Stapel gelaufen – war jetzt und für alle Zeit ein namenloses Gerippe aus totem Holz.
Die Versinkende Stadt. Trad. a l’alemany de Willi Zurbrüggen. Frankfurt am Main: S. Fischer, 1995.
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